Montag, 30. Mai 2011

88) Geschichte der Vogtei Dorla



Die Geschichte der Vogtei Dorla .....

.. also Smiley meint, daß auch die Vogtei - die ja bis 1802 ein (fast) selbsständiges Gebiet war - eine extra Betrachtung wert ist. Die Vielzahl derThemen und der Bilder zwingt allerdings zu einer Teilung in einen geschichtlichen und einen allgemeinen Teil...

Zuerst natürlich, wie immer, etwas zur Vorgeschichte.
Das Gebiet am Westrand des Hainichs war wohl schon in früher Zeit besiedelt und hier entstand vor etwa 2500 Jahren eine kelto-germanische Kultstätte, das Opfermoor bei Niederdorla.
Unter den germanischen Hermunduren entstand dann ein großes Rundheiligtum, das noch bis in die Zeit des thüringer Königsreiches als Opferstätte diente.
In der Nähe der Mahllinden befand sich eine größere germanische Siedlung und die drei Linden - das Wahrzeichen der Vogtei - waren wohl auch lange Zeit eine germanische Thing- und Richtstätte..






Nach dem Sieg der Franken über die Thüringer im Jahre 531 siedelten hier teilweise auch slawische Wenden, die über die Saale bis zur Werra vorstießen. Einige Historiker wollen in der Grundform von Oberdorla eine wendische Gründung erkannt haben.







Jedenfalls wurde Oberdorla erstmals zwischen 802 bis 817 urkundlich erwähnt und erscheint in einer Urkunde der Bilsteiner als Turnilohum.
987 gründete dann Graf Wigger von Bilstein in Oberdorla das Stift Peter und Paul und übereignete der Kirche den größten Teil seiner Güter in der Mark Dorla..
Das Stift Dorla hatte dann 1123 das Archidiakonat für 13 Erzpriestersitze in der Umgebung. Dem Stift gehörte ursprünglich auch das Gelände in Mühlhausen, auf dem 1207 das Antoniushospital gegründet wurde.
Im 15. Jahrhundert kam das Stift dann nach Langensalza.








Die spätere Vogtei Dorla muss wohl zuerst auch zum königlichen Reichsgutbezirk gehört haben, denn in der mühlhäuser Margarethen-Vorstadt gab es im Winkel (zwischen Ammerstraße und Ziegelstraße) einen Feudalhof der Herren von Langula.
Die königlichen Ministerialen hatten neben ihren Lehen, nach denen sie sich später benannten, auch Feudalhöfe in der Königsstadt Mühlhausen.
1295 besiegelte der mühlhäuser Bürgermeister Christian von Langula die Hausordnung des Hospitals St.Antonius. Aus den königlichen Ministerialen waren also inzwischen die einflussreichen "Geschlechter" der Stadt geworden.




Ursprünglich war wohl das Gebiet der Vogtei noch überwiegend von den Wäldern des Hainichs bedeckt und auch nach den Rodungen am Westrand des Höhenzuges gehörten noch große Waldgebiete zur Vogtei.
Oberdorla bzw. Dorla wurde früher als Turnilohum (Dornenwald) erwähnt, das Dorf im oder am Dornenwald.
Niederdorla war dann das Dorf unterhalb von Dorla und Langula bzw. Langeloh das Dorf entlang des Loh.
(Loh bzw. Lohum war eine alte Bezeichnung für Wald)







Auch der Deutsche Ritterorden, der nach 1200 in Mühlhausen und Langensalza Fuß fasste, hatte in der Vogtei Bezitzungen, wie die 1246 erwähnten Deutschherrenhäuser in der Herrengasse von Niederdorla zeigen.
Die erste St.Johannis-Kirche von Niederdorla wurde dann auch 1275 errichtet.
Überwiegend waren es die Feudalherren, die auch in der Vogtei das Leben der Bauern bestimmten, erst später errangen diese dann eine gewisse Selbständigkeit.


Erst treue Vasallen der thüringer Landgrafen wurden die Herren von Treffurt - deren Burg Normannstein wohl im 12. Jahrhundert entstand -.immer mehr zu Raubrittern und 1329 von den Truppen aus Thüringen, Hessen und Mainz besiegt.
1333 gehörte die Vogtei dann zur Ganerbschaft Treffurt,
Die Besitzungen wurden an die drei Siegerländer verteilt und die Vogtei Dorla durch drei Vögte im Wechsel verwaltet. Der Normannstein wurde 1336 zerstört und die Ganerbschaft Treffurt wurde künftig durch drei Amtsvögte im Wechsel verwaltet.


Von 1360 bis 1573 war der Anteil des Erzbistums Mainz an der Vogtei Dorla an die Freie Reichsstadt Mühlhausen verpfändet, die also während dieser Zeit einen der drei Vögte stellte.

1487 kam es zu einem Streit zwischen der Freien Reichsstadt und den Vögten von Treffurt über die Jagd im Gebiet der Vogtei Dorla, der dann durch die drei Länder geschlichtet wurde.

Auch sonst blieb die Vogtei eng mit Mühlhausen verbunden, denn auf den mühlhäuser Märkten wurde ein großer Teil der landwirtschaftlichen Produkte abgesetzt.






Im Bauernkrieg waren 1525 auch die Vogteidörfer von den Unruhen erfasst. Ein Teil der Bauern zog mit dem Schwarzen Haufen von Mühlhausen ins Eichsfeld und hatte ebenso wie die anderen nach der verlorenen Schlacht bei Frankenhausen unter den Repressalien der fürstlichen Truppen zu leiden.

Waren es die aufrührerischen Gedanken Müntzers oder die neuen geistlichen Strömungen der Reformationszeit, die den Boden für die Wiedertäufer in der Votei bereiteten?
Jedenfalls gab es Mitte des 16.Jahrhunderts zahlreiche Anhänger dieser neuen Lehre, sowohl in Mühlhausen, wie auch in der Vogtei. Von Kirche und Obrigkeit bekämpft, trafen sie sich heimlich.
Erst 1584 wurde dann der letzte bekennende Wiedertäufer Hans Dohm auf der Richtstätte bei den Mahllinden öffentlich verbrannt.






Auch im Dreißigjährigen Krieg kam es immer wieder zu Übergriffen durchziehender Truppen, obwohl durch die Dreiteilung der Herrschaft (Mainz, Hessen, Sachsen) eine gewisse Neutralität durch Schutzbriefe gesichert war.
Da halfen auch die Wehranlagen der Dörfer nicht viel. So hatte Niederdorla einen befestigten Erdwall ums Dorf und drei Tore, von denen das Mühltor und das Wassertor inzwischen verschwunden ist.


1736 gab das Land Hessen seine Rechte an der Vogtei an Sachsen ab und 1773 wurde das kaiserliche Dekret über die Steuerbefreiung der Vogtei von den Fürsten aufgehoben und die vogteier Holz- und Jagdordnung erlassen.
Die Vögte leiteten die Gerichtsverhandlungen, die auf dem Anger von Oberdorla stattfanden. Der Gerichtstisch unter der Gerichtslinde war 1681 errichtet worden.
Die Holzordnung von 1773 und die Festlegung neuer Steuern, führte zu den ersten Zerwürfnisse zwischen den Vogteiern und den Landesherren. Noch im selben Jahr rückte eine sächsische Kompanie an, um die Steuern einzutreiben.




Der Beschluss der Herren, der Vogtei eine jährliche Steuer von 1.200 Talern aufzuerlegen, wurde von den Bauern 9 Jahre lang umgangen. Aber dann machten die Landesherren ernst und 1785-86 rückte ein kurmainzisch-kursächsisches Exekutionskommando mit über 300 Mann in die drei Dörfer ein.
Zweimal zogen Vertreter der Bauern nach Wien, um den Kaiser zur Aufhebung der Lasten zu bewegen, aber der wies sie an die Gerichte der Landesherren, so daß dann eine jährliche Steuer von 1.000 Talern übrig blieb.
Für die "Einquartierung" hatten die Vogteier dann mit über 25.000 Talern aufzukommen.


1802 kam dann das Ende der Eigenständigkeit der Vogtei Dorla. Nach dem Frieden von Luneville wurden die kirchlichen Gebiete säkularisiert und die Vogtei fiel an Preußen.
Damit fielen allerdings auch die verschiedenen Vergünstigungen, wie die Befreiung vom Militärdienst usw. weg, aber die alten Sitten und Gebräuche und die vogteier Mundart haben sich überwiegend bis heute erhalten.



Von 1807 bis 1813 gehörte die Vogtei dann zum Königreich Westfalen.
Napoleon hatte halb Europa besetzt und in Kassel residierte jetzt sein Bruder Jerome über das neue Königreich, zu dem jetzt neben dem Eichsfeld und dem Gebiet von Mühlhausen auch die Vogtei Dorla gehörte.
Aber auch diese Zeit ging vorüber und ab 1816 gehörte dann die Vogtei endgültig zum preußischen Landkreis Mühlhausen.








Sitten und Gebräuche, die alten Trachten und die vogteier Mundart, wurden zum Teil bis in die heutige Zeit herüber gerettet.
Die Zeit der "Spinnstobben" mit ihren abenlichen Treffen ist allerdings schon lange vorbei.
Trachten werden nur noch zu besonderen Anlässen getragen, aber den Schössmeier und die Hammelfahrt gibt es heute noch, na und die vogteier Mundart wurde auch noch nicht voll verdrängt.






1907 hatte der Hauptlehrer Rehbein aus Oberdorla ein kleines Büchlei "Heimatkundliches aus der Vogtei" zum Preis von 50 Pfennig herausgegeben.

In 26 kleinen Artikeln wurde die Vogtei, ihre drei Dörfer und ihre Geschichte unterhaltsam beschrieben. (Ein Teil der obigen Angaben stammen aus dem interessanten Heft)
In Mühlhausen war es der "Pflüger" und "Beltz Lesebogen", die in den zwanziger Jahren mehrere interessante Beiträge über die Geschichte der Vogtei herausbrachten









Oberdorla war 1905 mit 2.552 Einwohnern die größte Gemeinde der Vogtei, dann folgten Niederdorla mit 1.355 und Langula mit 1.322 Einwohnern.
Hier ein Bild von Karl Ullrich vom Anfang des 20.Jahrhunderts.












1911 kam dann mit der Vogteier Bimmelbahn zwischen Mühlhausen und Treffurt der Anschluss an die weite Welt.
Oberdorla und Langula erhielten einen eigenen Bahnhof und in der Nähe des Bahnhofes Oberdorla der zwischen Oberdorla und Niederdorla lag, entstand eine Wollspinnerei und eine Käserei, die den beliebten Vogteier Kochkäse produzierte.
Später wurden die Betriebe volkseigen und die Bahn wurde 1969 stillgelegt .. (.. und die Betriebe verwanden nach der Wende auch ..)




Etwa ein Drittel der Gemeindefluren von Oberdorla, Niderdorla und Langula waren Wald. Bereits im 19. Jahrhundert hatte sich eine vogteier Laubgenossenschaft gebildet, deren Förster im nahen Heyeröder Grenzhaus wohnte.

Die Holzwirtschaft war und ist ein wichtiger Wirtschaftszweig der vogteier Gemeinden.



Nach und nach setzte sich in der Landwirtschaft auch "moderne" Technik durch. Erst war es der Dampfpflug und die von einer Lokomobile angetriebene Dreschmaschine und später der "Trekker" mit Mähbinder usw.
Dann kam die Zeit, wo der "deutsche Bauer" auf "deutscher Scholle" der "Tragpfeiler der deutschen Volkswirtschaft" war und wo NS-Landhelferinnen ihr Pflichtjahr im "Reichsnährstand" ab solvierten.



In dem Mundart-Buch von Heinrich Erdmann, das dieser 1940 im Selbstverlag herausgab, waren zahlreiche "drollige Dichtungen in vogteier Mundart" enthalten, aber dem Zeitgeist entsprechend auch ein Gedicht "Zu Richskanzlar Hitlers 44.Geburtstaage".

Trotzdem gaben die übrigen Gedichte einen schönen Einblick in Sitten und Gebräuche und lustige Begebenheiten aus der Vogtei, auch wenn sie ".. aus dem tiefsten Innern der Volksseele.." strömten.










1945 kam dann wieder eine andere Zeit.
Am 4.April `45 rückten amerikanische Truppen von Kreuzburg an der Werra zum Ortsrand von Oberdorla vor, wo sie von einer kleinen Gruppe der Wehrmacht unter Beschuss genommen wurden. Nach kurzem, aber heftigem Kampf wurde das Dorf im Sturm genommen und auch die übrigen Vogteidörfer besetzt.
Mühlhausen fiel am 5.4. fast kampflos an die Amerikaner.





Jetzt stand erst mal die Versorgung der Bevölkerung im Vordergrund und als Thüringen ab 1.Juli ´45 zur sowjetischen Besatzungszone kam, wurden auch bald konkrete Festlegungen über die Abgabe landwirtschaftlicher Erzeugnisse getroffen.
Mit der Bodenreform von 1946 kam es zur ersten Umgestaltung in der"SBZ" und nach der Gründung der DDR im Jahre 1949 wurde dann mit den Volkswirtschaftsplänen der Aufbau des Sozialismus planmäßig vorangetrieben






1954 veranstaltete der "Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands" eine 1.100-Jahrfeier in Oberdorla in der ein großer Festumzug die Geschichte der Vogtei aufzeigte.
In der Festwoche vom 4. - 11.Juni ´54 fanden zahlreiche Veranstaltungen, Ausstellungen und Feste statt.
Der Festschrift wurde ein Satz des damaligen Ministerpäsidenten Otto Grotewohl vorangestellt:
"Ein Volk soll seine Kulur und seine Vergangenheit ehren und pflegen, sonst kann es seine Zukunft nicht wertvoll und glücklich gestalten .."
(.. Leider wurden diese Gedanken später oft nicht beachtet ..)


Der Sozialismus erfasste dan auch die Landwirtschaft in der Vogtei und bald entstanden die ersten landwirtschaftlichen Produktions-genossenschaften (LPG)
Mit sanftem oder auch stärkeren Druck wurden die Bauern zum "freiwilligen"Eintritt "überzeugt". Manche zogen allerdings das karge Leben im Kapitalismus vor und flüchteten in den Westen.
1961 wurden von 2.841 Hektar Nutzfläche in der Vogtei, bereits 2.268 Hektar genossenscchaftlich genutzt ...., Tendenz steigend ...
Im gleichen Jahr (1961) gab es in der Vogtei = 1.690 Rindviecher und 4.044 Schweine.









Auch der Lebensstandard stieg weiter. In den Dörfern waren es besonders die kleinen Konsum-Verkaufsstellen, welche die Versorgung der Bevölkerung planmäßig absicherte.
Später kamen dann noch die Landwarenhäuser des Konsums hinzu.
Aber wie in der Stadt, gab es auch hier noch den privaten Fleischer und Bäcker und auch das Handwerk wurde noch privat betrieben .. (wurde dann aber bald zum Teil in handwerklichen Produktionsgenossenschaften (PGH) zusammengefasst.... )

Die LPG´s entwickelten sich dann immer mehr zu landwirtschaftlichen Großbetrieben, die jetzt meißt auch moderne Technik einsetzte.
Durch die landwirtschaftlichen Großflächen fielen zahlreiche kleine Felder, aber auch Feldwege, Feldraine usw. weg.




Geblieben waren aber noch die Wacholdertriften vor dem vogteier Holz, wo die Heidschnuckenherden noch an alte Zeiten erinnern.
Geblieben war auch das vogteier Holz, das einen wichtigen Bestandteil der Wirtschaft in der Vogtei darstellte.
















In den achtziger Jahren waren es dann die großen Obstplantagen, die in der Vogtei das Bild der Flur bestimmten.
Die gärtnerische Produktionsgenossenschaft (GPG) "Thomas Müntzer" schuf rund um Mühlhausen das größte Obstanbaugebiet im Bezirk Erfurt.
(.. ebenfalls ein Vorhaben, das die Wende nur teilweise überlebte ..)











Auf der Karte von 1988 sind die großen Obstanbauflächen noch deutlich erkennbar, aber auch das hat sich inzwischen gründlich geändert.
Aber jetzt haben wir in der Vogtei auch viel Neues und Positives.
Landschaften die blühen, schöne alte und neue Häuser, neue Betriebe usw., usw.
... und wir haben das Opfermoor und die Kaiserlinde am Mittelpunkt Deutschlands.... und das ist ja schließlich auch was besonderes...



... übrigens ...., neben dem vorliegenden geschichtlichen Teil, soll noch ein Teil über die Vogtei in der Gegenwart folgen, wo besonders die Fotos von Jens Fischer aus Oberdorla beeindruckende Ansichten bieten ...
..... Also bis bald ...
.. ihr Günter Körber



P.S.: Vom Ortschronisten Eckhard Naumann erhielt ich wertvolle Hinweise zu verschiedenen Daten, wie Ersterwähnung usw., die natürlich gern in dem vorliegenden Post aufgenommen wurden .. DANKE ..

Montag, 9. Mai 2011

87) Vom Badezuber zur Therme


Das Baden und der Bader ...
hatte in der Vergangenheit oft einen wechselnden Stellenwert, sowohl in der Hygiene, wie auch in der Mode ..


Im Mittelalter waren es wohl vorwiegend die Vornehmen, denen das Gesinde ein Bad bereitete...
Diese Mode hatten die Kreuzritter aus den südlichen Ländern und dem Morgenland mitgebracht.
Apropo.. Mode..., die wurde damals auch vorwiegend aus "welschen Landen" importiert.
Von dort kamen dann auch die verschiedenen Frisuren, wobei nur die Herren das Haar lang tragen durften, das gemeine Volk hatte das Haar kurz zu tragen.

In den Städten kamen dann die Badestuben auf, in denen man im Zuber badete oder ein Schwitzbad nehmen konnte.
Beim Bader wurde auch geschröpft, das Haar geschnitten, die Zähne gezogen und kleine Verletzungen behandelt.
Altenburg beschrieb vier Badestuben, die es in der Stadt gab.
Die erste lag im Badergäßchen (das heute noch so heißt) und die zweite am Entenbühl neben der Malzmühle. Dann gab es noch zwei Badestuben am ehemaligen Mühlgraben in der Nähe der Burgmühle.
Hier noch eine kleine Geschichte aus der Altenburg-Chronik:
".. ein besonders spashafter Mann, Meister Hans Heiligenstädt, kommt einmal in die Badestube und als ihm die Bademagd das Schürzchen gibt, so bindet er es hinten vor; da sagt die Magd: s0 ist´s nicht recht, es muß vorne hin; Meister Hans aber erwidert: nein! könnte ich mir doch lassen in den .... sehen...."

Für das Schwitzbad hatte man einen leichten Groschen zu entrichten und für jeden Schröpfkopf 2 Pfennige.
Aber der Bader zog auch die Zähne und behandelte kleine Wunden oder leichte Knochenbrüche.
Bader waren dann in den Kriegsheeren oft als Feldscheerer unterwegs, die nicht nur die Haare schnitten, sondern auch Verwundete behandelten.
(Erst später mußten dann die Chirurgen auch eine Arztprüfung nachweisen)




Aus dem Bader wurde dann bereits im 17. Jahrhundert der Balbier.
Altenburg beschreibt noch, wie der Badejunge mit einem Messingbecken und einem Schlegel in der Stadt die Badetage ankündigte.
Dieses Messingbecken, in dem dann der Balbier den Schaum für die Rasur schlug, wurde später zum Wahrzeichen der Friseure.
Die Badestuben gingen dann in Mühlhausen im 18. Jahrhundert ein.
Das gemeinsame Baden und Schwitzen kam aus der Mode, nicht zuletzt, weil die Kirche dieses Laster zutiefst verurteilte.
Gebadet wurde jetzt, wenn überhaupt, zu hause.



Mit der neuen französischen Mode kamen nicht nur die Reifröcke, sondern auch die Perücken ... und nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer.

Die kunstvollen Perücken wurden jetzt von Perückenmachern hergestellt und für die Frisur waren für die Herrschaften oft spezielle Leibdiener zuständig.

Das einfache Volk schnitt sich entweder die Haare selbst oder ging, wenn man es sich lesiten konnte zum Balbier.

Dort beim Balbier wurde jetzt rasiert, die Haare geschnitten und die Perücke (meißt mit viel Puder) auf den neuesten Stand gebracht.


Die vornehme Dame ließ den Friseur oder den Perückenmacher nach hause kommen.

Oft war allerdings damals das Haar noch durch eine Haube verdeckt, so daß nicht die Frisur, sondern die Haube der neuesten Mode zu entsprechen hatte.





Im 19. Jahrhundert kam dann die Zeit, wo lange Haare beim männlichen Geschlecht verpönt waren.

".. Pfui ..! ruft da ein jeder: garstger Struwwelpeter ..!" dichtete Heinrich Hoffmann damals.

Auch der preußische Zopf war verschwunden und die Perückenmacher wurden arbeitslos.

Auch die Mode änderte sich. Das Kleid wurde schlichter und der Reifrock verchwand. Der Mann trug jetzt keine Kniehose mehr, sondern die praktische lange "sansculotten" Hose.

Eine Mode die sich später auch für die Knaben durchsetzte.


1899 gehörten 26 Friseure zur Barbier-. Friseur- und Perückenmacher-Innung der Stadt.

1943 waren es dann 28 Damen- und Herrenfriseure, 10 Damenfriseure und 26 Herrenfriseure.


Das Messingbecken war als Zunftzeichen geblieben und hing neben mancher Ladentür. Nach und nach ging aber auch die Zeit der kleinen Einmann-Friseur-Geschäfte zu ende.
Immer weniger Bartträger ließen sich jetzt beim Friseur mit dem Rasiermesser rasieren. Die Rasierklinge und später der elektrische Rasierapparat schufen auch hier neue Fakten.




Auch die Badegewohnheiten hatten sich geändert. Jetzt wurde in den meißten Familien zumindest einmal in der Woche im Holzzuber gebadet.
Entweder in der Küche oder in der Waschküche, wo das Wasser im Waschkessel bereitet wurde, fand dann das Badevergnügen statt. (Oft genug aber auch in der Wohnstube, wo sich sowieso das ganze Fanilienleben abspielte)


Na ja ..., in den Fabrikantenvillen und den "besseren" Häusern des neuen Bahnhofsviertels gab es dann auch schon Badezimmer mit einer Badewanne und einem Kohlebadeofen.
(Jetzt gab es ja seit 1894 auch fast überall den Anschluss an die städtische Wasserleitung)


Oft lag aber des "Örtchen" als "Plumps-Klo" immer noch im Treppenhaus oder auf dem Hof.




1822 hatte der Färbermeister Jeschke am Lindenbühl zwei Badestuben eingerichtet, die später von Karl Mischke übernommen wurden.


1890 eröffnete dessen Sohn das neue Hallenschwimmbad am Lindenbühl, das 1985 abgerissen wurde.


Das Freibaden, früher meist heimlich und versteckt betrieben, kam zuerst an den Heilquellen auf, wo sich Kranke eine Linderung ihrer Leiden erhofften.

In der Nähe der Stadt bei der Wüstung Beyrode war im Mittelalter auch so eine Quelle, deren Wasser aber getrunken wurde. Aber die Wunderquelle versiegte dann bald und die Menschen mußten ihre Zipperlein wieder selbst heilen.

Und öffentliches Baden war sowieso von Seiten der Kirche total verpönt.


Da hatte es die Jugend auf dem Dorf doch leicht und im nahe gelegenen Teich oder Fluss wurde auch schon mal ohne Badehose (die es ja damals eigentlich garnicht gab) gebadet.


Im Schwanenteich - der damals noch Popperöder Teich hieß - war das Nacktbaden aber streng verboten.





Wer es sich leisten konnte (.. und das waren nicht viele ..) fuhr mit der Familie an die See, wo man im gesitteten Badekleid ins Wasser stieg.

Für die Kinder wurde dann noch die "Bonne"mitgenommen, damit die lieben Kleinen die gewohnte Erziehung bekamen.


Durch den Anschluss an die Eisenbahn, war man ja jetzt mit der großen weiten Welt verbunden.


Für die Proleten gab es ja seit 1842 die Glotz´sche Badeanstalt, die sich an der Unstrut zwischen Ammerbrücke und dem Wendewehr befand.



1902 gehörte die Glotz´sche Badeanstalt dann dem Herrn Pfannholz und 1905 brach hier ein Großfeuer aus.

Die Badeanstalt von Pfannholz war noch bis in die vierziger Jahre in Betrieb.


1951 wurde auf dem Gelände ein Schulsportplatz eingerichtet.





1886 war die Badeanstalt am Schwanenteich eröffnet worden, in der 1922 eine 100-meter Schwimmbahn hinzu kam.


Der Schwanenteich war jetzt ein beliebtes Ziel für alle Freibadanhänger und durch die Gaststätte und den Gondelteich auch für die Spaziergänger.




Jetzt war auch die Bademode freizügiger geworden, wenn es auch noch den sogenannten "Zwickel-Erlass"gab.
Während natürlich das weibliche Geschlecht noch mit dem Badeanzug versehen sein mußte, ging "Mann" dann schon mal nur mit der Badehose bekleidet ins Freibad.







Anfang des 20.Jahrhunderts kam die Freikörperkultur auf und auch Mühlhausen hatte dann ein "Luftbad" am damaligen Böhntalsweg. Natürlich mit einem hohen Bretterzaun umgeben, in dem aber manchmal doch ein Astloch den Blick in´s innere freigab.










1958 wurde dann das neue "Bad der sozialistischen Jugend" am Schwanenteich übergeben, nachdem bereits im Vorjahr das Kampfbecken eröffnet worden war.

Die Bürger, die Werktätigen aus den Betrieben und die FDJler hatten hier tausende NAW-Stunden geleistet.


Stolz verkündete Bürgermeister Reichenbach, daß Mühlhausen jetzt eines der größten und schönsten Freibäder des Bezirkes Erfurt hat.






Nachdem die frühere Badeanstalt Mischke wegen Baufälligkeit 1985 abgerissen wurde, sollte eigentlich bald darauf ein Neubau erfolgen. Aber da keine Bilanzanteile zur Verfügung standen wurde es erst mal nichts mit dem Neubau.


1994 erfolgte dann aber die Grundsteinlegung für das neue Freizeitbad, das 1998 als "Thüringentherme" eröffnet wurde.
Mit seinem Wellenbad, der 75-meter-Rutsche, den Wirlpools. dem Bowlingtreff und dem Restaurant, gehört die "Therme" jetzt zu einem beliebten Treffpunkt der Mühlhäuser.



Vom Badezuber bis zur Therme ...,


der kleine Streifzug zeigte mal wieder, wie eng sich die Geschichte mit den verschiedenen Bereichen verbindet.




Vom Bader zum Friseur... und vom Schwitzbad zum Luftbad ..., alles Aspekte, welche die Vielfalt unserer Entwicklung und der Entwicklung unserer Stadt aufzeigen.

Mal sehen..., was uns die Stadtgeschichte noch weiter bietet ...


ihr Günter Körber