Dienstag, 2. März 2010

23) Wüstungen im mühlhäuser Gebiet

Als Wüstungen wurden aufgegebene bzw. verlassene Ansiedlungen bezeichnet, von denen oft nur noch Flurnamen oder Urkunden berichteten.

Der Revierförster Heinz Freybote hatte 1995 eine Aufstellung über die Wüstungen im mühlhäuser Gebiet herausgegeben.
Auch Altenburg führte in seiner "Topographisch-historischen Beschreibung ..." von 1824 bereits 22 wüste Stätten auf.
Nachstehend kann allerdings nur auf einige dieser frühen Siedlungen eingegangen werden, wobei auch ein Blick auf neuere wüste Stätten erfolgen soll.


Ein großer Teil der wüst gewordenen Ansiedlungen im Umfeld der Stadt waren Rodungs- und Höhendörfer.
Namen wie Bollrode, Totterode, Nützigerode, Renterode am Rande des Hainichs, aber auch Eichelrode, Ebelrode und Hunderode nördlich der Stadt, deuten auf solche Rodungsdörfer hin.



Bereits im 12. Jahrhundert kam es schon zur Aufgabe von Ansiedlungen im Reichsgutbezirk.
Oft waren unzureichende Wasserversorgung, aber auch Seuchen oder Brände, der Grund für die Aufgabe der Ansiedlung.
Die wenigen übriggebliebenen Bewohner zogen in die Stadt oder in die Nachbardörfer.
Ein großer Teil der Wüstungen entstand im 14. Jahrhundert. Es gab aber auch Dörfer und Kirchen, die erst im 16.Jahrhundert gänzlich verschwanden. So auch die frühere Wallfahrtskirche von Eichen im Westen der Stadt, deren Altarbild noch in der Marienkirche zu sehen ist.



Auch in den später aufgegebenen Dörfern waren die Einwohner hörige Untertanen des jeweilgen Feudalherren.
Die vom König eingesetzten Ministrialen hatten oft umfangreiche Ländereien und ganze Dörfer als Lehen bekommen. Dieser Lehnsbesitz wurde später erblich, so daß die von Altenburg erwähnten "Geschlechter" - die sich meist nach ihrem Lehen benannten - über die Geschicke ihrer Untertanen eigenständig entschieden.

Einige dieser Geschlechter - wie die Herren von Weidensee - starben aus und ihre Besitzungen wurden entweder verkauft oder gingen an andere Dörfer über.
Auch Sambach war ursprünglich ein Kirchdorf. Der Deutschordensherr Heinrich von Sambach wurde als Bauherr der gotischen Marienkirche in dieser beigesetzt.
Wie in Weidensee entstand auch in Sambach später ein Meierhof. Die Kirche von Sambach wurde erst im 18. Jahrhundert abgebrochen.



Einige Wüstungen waren Klosterbesitz und wahrscheinlich auch von den jeweilgen Klöstern gegründet worden.
So gehörte St,Daniel und Rückelrode westlich von Ammern dem Kloster Reifenstein. Auch Pfafferode und Popperode dürften Klostergründungen gewesen sein. So sollen auch die Popperöder Fischteiche vom Kloster Zella angelegt worden sein.


Selbst unmittelbares Reichsgut - wie Burg und Dorf Tuttensode - ist später zur Wüstung geworden.
So hatte Kaiser Otto II. im Jahre 974 Tuttensode seiner Gemahlin Theophanu mit anderen bedeutenden Besitzungen - wie Mühlhausen und Eschwege - übereignet. Später den Herren von Tuttensode als Lehen übergeben, ging die Burg und das Dorf aber wohl schon im Mittelalter ein. Die Kirche wurde dann 1562 abgebrochen.




Auch die Ostkolonisation machte sich in unserem Gebiet bemerkbar. So wurden die Bewohner einiger Dörfer des Klosters Volkenroda im Jahre 1165 in die Lausitz umgesiedelt.
Auch das Dorf Weida oder Wida zwischen Kaiserhagen und Windeberg wurde von den Herren von Weida aufgegeben und die Einwohner im Osten angesiedelt.



Auf der Karte nebenan, in welcher der Zustand im 13. Jahrhundert dargestellt wird, sind etwa 30 spätere Wüstungen verzeichnet.
Freybote hatte in seiner Ausarbeitung auch Wüstungen über dieses frühere mühlhäuser Gebiet hinaus aufgezeigt, während bei Altenburg nur die damals bekannten wüsten Stätten aufgeführt waren.
Einige Dörfer, denen bekannte Geschlechter zugeordnet werden konnten, wurden besonders gekennzeichnet. Auch die aufgezeigten Landstraßen entsprechen in etwa der damaligen Zeit.

Nur die wenigsten Wüstungen sind durch Kriegseinwirkungen entstanden. Aber Brände in den wasserarmen Höhendörfern haben wohl schon den Anlass für eine Aufgabe von Ansiedlungen gegeben.
Manchmal wurde die Siedlung dann an anderer Stelle wieder aufgebaut. So entstand z.B. Eigenrode aus dem ehemaligen Dörfern Ebelrode und Eichelrode.





Ehemalige Burgen gab es im Territorium der Stadt nur wenige und von diesen sind praktisch keine Spuren mehr vorhanden.
So wurde die mühlhäuser Reichsburg Jahre 1256 von den Bürgern so gründlich abgerissen, daß nichts mehr übrig blieb. Die Burgstätte blieb lange Zeit wüst und wurde erst im 19. Jahrhundert wieder bebaut.
Auch die Burg von Tuttensode, die sogenannte Kaiserburg bei Oberdorla und die Alte Burg bei Eigenrieden, sind spurlos verschwunden.
Auch für weitere Orte wurden Burgen erwähnt, die aber vielleicht "nur" als feste Höfe der Geschlechter mit Wohnturm und Befestigung bestanden. So wurden für Windeberg, Obermehler, Lengenfeld, Körner und Görmar Burgen erwähnt und es ist schon möglich, daß früher auch in weiteren Dörfern der Geschlechter burgähnliche feste Höfe vorhanden waren.

Wüste Stätten gab es auch durch verlassene Güter, Höfe oder Mühlen.
So lagen bei der Rabinzmühle im Johannistal anscheinend mehrere Höfe, die dann mit der Mühle verschwanden.
Ämilienhausen im Südosten der Stadt, war viele Jahre als Siechenhaus und später als Hospital genutzt worden, ging Anfang des 19.Jahrhunderts ein und ist heute ganz verschwunden.






An manche Wüstungen erinnern heute noch einige Stellen im Kreisgebiet. Aber manchmal ist es nur noch eine Baumgruppe oder ein Flurname, der an eine Wüstung erinnert.








Das gilt auch für einige neue Wüstungen, wie das frühere Gut Peißel, das östlich von Bollstedt lag. Das frühere Rittergut im Herzogtum Sondershausen wurde 1946 bei der Bodenreform aufgeteilt.. DieNeusiedler kamen aber dann zur LPG und die teils defekten Neusiedlerhäuser wurden 1970 geräumt.. Hier entstand ein Übungsgelände der NVA und der Kampftruppen .. und heute erinnert fast nichts mehr an das ehemalige Rittergut und die Neusiedlerhäuser..







Wüste Stätten entstanden also nicht nur im Mittelalter, auch in der Neuzeit gibt es weitere Beispiele.
So verschwanden nach 1945 die General-Fuchs-Kaserne an der Windeberger Landstraße und der Rüstungsbetrieb Gerätebau im Stadtwald.
Und nach der Wende war die Zeit für neue wüste Stätten gekommen. Die bisherigen volkseigenen Betriebe wurden "abgewickelt", d.h. sie wurden geschlossen und entweder abgebrochen oder wie derVEB Mülana abgefackelt.

Und auch für die "DDR-Platte" brach die Zeit der Abbrüche an. So verschwanden, wie an der Windeberger Straße, ganze Neubaugebiete. Es hat sich nicht mehr gerechnet!
Hoffentlich macht das nicht weiter Schule, denn Mühlhausen hat ja in den letzten Jahren zahlreiche Einwohner verloren. Junge Leute sind eben dort hin gezogen, wo es Arbeit gab.
Entsteht dann irgendwann mal eine Wüstung, die an die frühere Stadt Mühlhausen erinnert?


Übrigens -,
ganz so schlimm wird es schon nicht werden. Die Mühlhäuser haben schon die Pest, mehrere große Stadtbrände und die verschiedensten Systeme überstanden, da werden sie doch auch mit den jetztigen Problemen fertig werden!
(Von den großen Stadtbränden soll ein späterer Beitrag noch berichten ..., also immer schön weiter am Ball bleiben!)

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